Vor dem aktuellen Hintergrund der Niedrigzinsphase und der erodierenden Strukturbeiträge dient in Banken das Kostenmanagement als zunehmend wichtiges Werkzeug, um die Ertragslage zu verbessern. Welche Schwerpunkte Primärbanken im Kostenmanagement setzen und welche Instrumente sie hierfür verwenden, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Kostenmanagement als strategische Daueraufgabe betrifft nicht nur die Finanzdienstleister, die Kostenminimierung als strategischen Vorteil anstreben. Auch und gerade Premiumanbieter wie Privatbanken und regional stark verbundene Unternehmen wie Genossenschaftsbanken müssen sich kontinuierlich mit dem Thema Kostensenkung beschäftigen.

Die strategischen Herausforderungen entstehen vor allem aus dem massiv gewachsenen Ertragsdruck, der sich auf unterschiedliche Entwicklungen gründet:

  • Aufgrund der seit Jahren andauernden Niedrigzinsphase geht die Zinsspanne zunehmend zurück und die Fristentransformation der Banken wird erheblich eingeschränkt.
  • Die Wertpapiererträge sinken aufgrund der Zurückhaltung der Kunden angesichts der gestiegenen Kursvolatilität.
  • Der deutlich gestiegenen Liquidität der Banken steht im Kundengeschäft häufig kein ausreichendes Aktivgeschäft gegenüber.
  • Durch massiv steigende regulatorische Anforderungen, wie Mifid II, PSDII, AnaCredit und die Wohnbauimmobilienkreditrichtlinie, werden die IT- und andere Prozesse immer komplexer. Hinzu kommen steigende Anforderungen an die Banksteuerung und das Meldewesen.
  • Neue Wettbewerber versuchen, die Schnittstelle zum Kunden zu erobern. Dies beginnt im Zahlungsverkehr und setzt sich im Anlagegeschäft fort.

Strategische Umsetzung

Der demographische Wandel tritt nicht nur im Kundenbereich auf, sondern ebenso bedeutend in der Belegschaft: Wenn altersbedingt entstehende Vakanzen nicht nachbesetzt werden können, lässt sich das Prozess- und Kostenmanagement dazu nutzen, die entstandenen Lücken auszugleichen. In diesem Sinne kann der demographische Wandel auch unmittelbar als Chance begriffen werden.

Strategisch bedeutet das, dass bestehende Ertragsquellen intensiviert und neue erschlossen werden müssen: Differenzierte Leistungen für differenzierte Zielgruppen. Um die hierfür erforderlichen Projekte und Investitionen zu finanzieren, müssen zunächst die Kosten nachhaltig gesenkt werden.

Die Ertragskraft und Leistungsfähigkeit der Bank steckt zumeist (noch) in den Mitarbeitern. Daher müssen zunächst Kosten in Sekundärbereichen optimiert werden, wie z.B. Gebäude und Gebäudedienstleistungen, Büroinfrastruktur, Telefon, Strom oder Firmenfahrzeuge.

Gemeinsam mit einem unserer Kunden, einer Privatbank, haben wir einige dieser Kostenarten untersucht und Änderungen durchgeführt:

  • Büro: Die Bürostandorte wurden verlagert und die vorhandene Fläche wurde besser genutzt; Gebäudedienstleistungen wurden neu ausgeschrieben und optimiert.
  • Druckerkonsolidierung: Mehrere Arbeitsplatzdrucker wurden durch weniger Service-Point-Drucker ersetzt; das Drucker-Management wurde ausgelagert.
  • Telefon: Angebote von Mobiltelefon- und Datentarifen wurden verglichen und Anbieter wurden gewechselt; Leistungen und Verträge wurden harmonisiert.
  • Firmenfahrzeugflotte: Die Kosten für den Firmenfahrzeugpool wurden optimiert; dies betraf Leasing-Verträge, Versicherungen, die CO2-Bonifizierung und Poolfahrzeuge.

Das Ergebnis dieser Maßnahmen war eine operativ signifikante und rasch GuV-wirksame Kostensenkung – und dies, ohne die Leistungsfähigkeit der Bank zu reduzieren. Im Gegenteil, bei geringeren Kosten gab es angemessenere Serviceleistungen. Diese Einsparpotenziale stehen als unmittelbare Finanzierungsquellen für strategische Projekte auf der Ertragsseite zur Verfügung.

Das Erfolgsrezept: Kostenmanagement + Strategie

Gerade die Fähigkeit, das Kostenmanagement mit den strategischen Anforderungen zu verknüpfen, ist bei Top-Kostenmanagern stark ausgeprägt und institutionalisiert, wie eine von ifb group und RS GROUP gemeinsam erstellte Studie zeigt.

Der Teilnehmerkreis der Studie umfasst alle relevanten Institutsgruppen mit primärem Privat- und Firmenkundengeschäft. Ausgenommen sind Direktbanken, Institute mit Sonderaufgaben und Institute, die nur im Interbankengeschäft tätig sind. Ebenfalls nicht enthalten sind reine Investmentbanken.

Das Ziel der Studie bestand darin, erfolgreiche Kostenmanager zu identifizieren und deren besondere Ansätze darzustellen, Erfolgsfaktoren für nachhaltige Kostensenkungen zu ermitteln und Trends, Themen und Ansätze im Bereich Kostensenkung aufzuzeigen.

Methodisch stützt sich die Erhebung auf eine Online-Befragung deutscher Kreditinstitute. Ergänzend wurden Veröffentlichungen der Banken bzw. der Bankenverbände ausgewertet. Auf dieser Basis erfolgt eine Differenzierung anhand der Bruttobedarfsspanne, wobei die so genannten „Top-Kostenmanager“ definiert werden durch das 1. Quantil der Bruttobedarfsspannen. Im Unterschied hierzu bilden die „Nachzügler“ das 4. Quantil der Bruttobedarfsspannen.

Einigkeit zwischen Top-Kostenmanagern und Nachzüglern zeigt sich allerdings dahingehend, dass es Kostensenkungen ohne formale Abstimmung mit der Strategie nicht gibt! Kostensenkungsmaßnahmen werden (fast) immer mit der Strategie verzahnt! Die Top-Kostenmanager sind dabei nur konsequenter.

Kostentransparenz auf Prozessebene

Wie wichtig Kostentransparenz für ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis ist, lässt sich durch eine Reihe von einfachen und differenzierten Fragen zu Prozessen erkennen. Die folgenden Fragen wurden beispielsweise bei der Untersuchung der Kreditprozesse einer Bank gestellt:

  • Warum beschäftigen wir X Vollzeitkräfte im Kreditmanagement? Steht das in angemessener Relation zu unserem Kreditertrag?
  • Welche Kosten sind die Haupttreiber für die Einrichtung und Führung eines Kredits?
  • Was ist das Mindestkreditvolumen nach Kreditprodukten?
  • Was ist die Mindestmarge für einen Kredit?
  • Was verdienen wir am Kreditgeschäft?
  • Welche Kreditprodukte sind profitabel und welche defizitär? Was sind die Ursachen hierfür?
  • Welche Kundensegmente (und Größenklassen) sind wie profitabel?
  • Welche Vertriebseinheiten sind profitabel?

Wenn solche Fragen nicht ebenso differenziert und klar beantwortet werden können, fehlt es an Transparenz und es sind weder ein eigenständiges Pricing noch eine Steuerung der Kreditberater, beispielsweise über eine entsprechende Kostenallokation zu arbeitsintensiven Produkten, möglich.

Daher gilt es im ersten Schritt, Transparenz zu schaffen und die Prozesse sowie die darin gebundenen Ressourcen (Arbeitszeit, CPU-Zeit und sonstige Sachmittel, z. B. Gutachterkosten für Immobilienbewertung) zu ermitteln, und zwar getrennt nach Neugeschäft und Bestandsgeschäft. Der zweite Schritt besteht darin, die aufwendigen und nicht-wertschöpfenden Prozessschritte auf Optimierungsmöglichkeiten zu untersuchen (Eliminieren – Minimieren – Automatisieren). Der so gewonnene Soll-Prozess kann dann in Geldeinheiten bewertet werden und sowohl für eine verursachergerechte Kostenallokation als auch für ein Pricing wertvolle Informationen liefern.

Eine ähnliche Vorgehensweise hat für ein auf die Betreuung vermögender Privatkunden spezialisiertes Institut, das als Ertragsquelle das Kreditgeschäft verstärken will, neben der Transparenz vor allem Steuerungsimpulse für das künftige Pricing und Indikationen für deutliche Prozessverbesserungen geliefert.

Auch hier zeigt sich in der von ifb group und RS GROUP durchgeführten Studie ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Fähigkeiten der Top-Kostenmanager, Transparenz in ihren Prozessen zu erzielen, und den Ergebnissen, gemessen an der Bruttobedarfsspanne der Institute.

Was sehr positiv auffällt: Fehlentscheidungen aufgrund mangelnder Transparenz können sowohl Top-Kostenmanager als auch Nachzügler (weitgehend) vermeiden. Allerdings verfügen die Top-Kostenmanager in allen Bereichen über eine höhere Kostentransparenz auf Prozessebene. Der Bereich administrativer Prozesse ist auch bei den Top-Kostenmanagern eher intransparent, hier besitzen alle Gruppen noch deutliche Optimierungspotenziale. Die größte Lücke zwischen Top-Kostenmanagern und Nachzüglern und damit großer Aufholbedarf besteht in den standardisierten Prozessbereichen WP- und ZV-Abwicklung. Während sich Marktbereiche regelmäßigen Untersuchungen, Benchmarking, internem Ranking, Zielvereinbarungen etc. ausgesetzt sehen, gilt dies in Marktfolgebereichen als eher schwierig.

Kennzahlen zur Kostenkontrolle

Bei der Zuordnung von Kosten der Zentrale bzw. von Marktfolge auf Vertriebseinheiten oder regionale Einheiten ergeben sich regelmäßig Schwierigkeiten: Häufig bezahlen wir einen überbordenden Bürokratismus in der Zentrale! Hier ist Leistungstransparenz besonders wichtig. Die Standardeinzelkostenrechnung reduziert das Risiko überflüssiger Kosten auf der Leistungsebene der Berater(-teams).

Wie aber ist mit den nicht absatzbezogenen Funktionen umzugehen, wie z.B.

  • Führungs- und Managementleistung,
  • Produktentwicklung,
  • Markenführung,
  • Finanz- und Steuerungsfunktionen oder
  • „Muss-Funktionskosten“ für Revision und weiteres Beauftragtenwesen?

Letztlich muss die Bank diese Kosten erwirtschaften und sich fragen, welche Kosten angemessen sind.

Eine Möglichkeit, die Kosten zu beurteilen, ist die Nutzung einfacher Kennzahlen und ihr Vergleich mit so genannten Benchmarks:

  • Relation Berater zu Revisionsmitarbeitern, Kundenkonten zu Revisionsmitarbeiter­kapazitäten
  • Relation Produktentwicklungskosten zu Produktjahresergebnis Ist und Plan
  • Relation Anzahl KK-Konten zu Vollzeitkräften GWG, Anzahl ZV-Transaktionen zu GWG-Mitarbeiterkapazitäten
  • Relation Berater Vollzeitkräfte zu Zentralbereichs-Mitarbeitern; ggf. auch nach Fachbereichen gesplittet
  • Anzahl Konten pro Marketing-FTE

Allerdings sind mit diesen leicht zu erhebenden und vermeintlich aussagekräftigen Benchmarks gewisse Schwierigkeiten verbunden: Sie alle sagen nichts über den Wirkungsgrad bzw. die Effektivität der Arbeitsergebnisse aus, da sie rein inputbezogen und zudem lange nicht so trennscharf sind, wie sie auf den ersten Blick anmuten. Welche Aufgaben sind jeweils in einer Funktion berücksichtigt? Nutzt eine Bank für eine Funktion externe Dienstleistungen anstelle festangestellter Mitarbeiter?

Wesentlich aufschlussreicher ist daher eine Wert-Betrachtung: Was sind die erarbeiteten Ergebnisse und sind diese die Kosten wert?

Dazu müssen sich, wie übrigens die Marktbereiche schon lange, die internen Abteilungen in Produkte oder Leistungen zerlegen lassen. Die Erstellungskosten lassen sich nach dem Prinzip der Standardeinzelkostenrechnung ermitteln. In Marktfolge- oder Stabsbereichen können dann neben Personalkosten vor allem auch IT-Kosten eine bedeutendere Rolle spielen. Auf diese Weise lassen sich übrigens Investitionen für Muss-Projekte bewerten: Was sind die Kosten für die einzelne Leistung, die erbracht werden soll? Welche Alternativen zur Einführung eines neuen IT-Systems bestehen, um eine regulatorische Anforderung zu erfüllen und die Kosten zu optimieren?

Die Einführung von entsprechenden Kennzahlen in den Zentralbereichen ist eine weitgehend neue Erfahrung. Sie erfordert eine intensive kommunikative Begleitung, um Widerstände konstruktiv aufzulösen. Wenn Kostensenkungspotenziale realisiert werden können, helfen diese bei der Finanzierung der strategischen Weiterentwicklung der Bank.

Auch hier ist aus der Studie ersichtlich, dass Top-Kostenmanager einen Vorsprung gegenüber den Nachzüglern haben.

Die fünf Stufen des Kostenmanagements

Auf Basis der Studie und unserer breiten Projekterfahrung können wir konstatieren, dass die Banken auf den fünf Stufen des Kostenmanagements unterwegs sind:

  1. Verschwendung aufspüren ist zwar eine Daueraufgabe, doch dürften die größten Potenziale bereits in der Vergangenheit realisiert worden sein.
  2. Prozesse zu optimieren und zu managen, ist mit modernen Workflow-Management-Systemen besser geworden. Die weitere Digitalisierung bietet hier deutliche Chancen und der Vergleich zu anderen Industrien weist trotz erzielter Fortschritte noch erhebliche Potenziale auf.
  3. Die Konsolidierung von Aktitäten (Managed Services / Outsourcing, Skaleneffekte) wird nicht mehr „blind“ verfolgt; das Verhältnis hat sich differenziert und rationalisiert: Was können Sourcing-Optionen leisten und was nicht? Im Vergleich zu Privatbanken wird deutlich, wie sehr Genossenschaftsbanken von Verbänden, Verbundpartnern und Rechenzentren profitieren. Dennoch wird der Druck zu größeren Betriebseinheiten und eine Aufspaltung der Wertschöpfungskette zunehmen und verspricht weitere Potenziale.
  4. Die Komplexität zu managen, wird eine Kernaufgabe mit wachsenden Anforderungen an die IT-Infrastruktur aus Markt- und Kundensicht sowie aus regulatorischer Sicht. Gerade hier werden die Rechenzentren in der Zusammenarbeit mit den Instituten gefragt sein.
  5. Die fünfte Stufe „Wertschöpfungsorientierte Investitionsstrategie“ gehen einige Institute bereits sehr professionell an. Investitionen tragen erst in der Zukunft Früchte, müssen aber nach ihren Potenzialen bewertet und durch Maßnahmen in der Gegenwart finanziert werden. Da hier die großen Investitionsentscheidungen liegen, sind auch hier wertvolle Ergebnisse zu erzielen.

Unabhängig davon, ob Banken diese Stufen mit oder ohne externe Unterstützung angehen, zeigen unsere Erfahrungen, dass Projekte und daraus abgeleitete Maßnahmen in diesem Kontext die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit deutlich erhöhen können.

Autoren:

Dr. Jochen Herrmann, ifb group

Kai Rommel, RS GROUP